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Pfarrkirche Rödgen

Geschichte der Kirche und der Pfarrei

Im 13. Jahrhundert wird die Johannes dem Täufer geweihte Kirche zu Rödgen erstmalig erwähnt - urkundlich ist sie aber erst vom 04.03.1328 nachweisbar.

Offiziell ist Rödgen erst seit 1480 selbstständiges Kirchspiel des Siegerlandes.

Im Jahre 1533 führte der Landesherr Graf Wilhelm der Reiche in seinem Herrschaftsgebiet die Reformation nach dem lutherischen Bekenntnis ein.
1624 bahnte sich mit dem Regierungsantritt des 1612 katholisch gewordenen Grafen Johann VIII., des Jüngeren, als Landesherrn in Stadt und Land der Grafschaft Siegen eine Veränderung der religiösen Verhältnisse an. Er erließ 1626 das sog. Restitutionsedikt, das die Voraussetzungen für die katholische Restauration der Grafschaft legen sollte.

Erst im Jahre 1651 brachte ein Vergleich zwischen den evangelischen und katholischen Grafschaftsfamilien, der sog. Mediationsrezess, Ordnung in die kirchlichen Verhältnisse des Siegerlandes.

Die Kirche zu Rödgen wurde Simultankirche. Der evangelische Geistliche der Doppelpfarrei hatte seinen Sitz zu Rödgen, der katholische Pfarrer in Wilnsdorf.

Die alte Kirche wurde im Jahre 1778 wegen Baufälligkeit abgebrochen und an ihrer Stelle wurde in den Jahren 1779 bis 1782 die heutige evangelische Kirche gebaut, die zunächst noch simultan genutzt wurde.

Wegen vieler Streitigkeiten unter den beiden Konfessionen, insbesondere wegen der im Sinne des evangelisch-reformierten Kirchenbaues erfolgten Gestaltung des Altarraumes, die dem katholischen Liturgieverständnis tiefgreifend entgegenstand, ordnete die Regierung an, die Katholiken sollten sich eine eigene Kirche bauen.

Daraufhin wurde in den Jahren 1787 bis 1788 westlich vor dem Turm eine neue Kirche errichtet, so dass der Turm, von beiden Konfessionen genutzt, sich nunmehr in der Mitte der Kirchen befand.


Die Evangelische Kirche

Das etwas über 23 m lange und ca. 13 m breite Gebäude hat einen 3/6 Chorschluss und wird nach außen geprägt durch seine schlanken hohen Fenster mit Rundbogenabschluss.

Im Inneren der Kirche erhalten die Wände ihre einzige Gliederung durch die bis zum Fußboden heruntergezogenen Fensterlaibungen. Die flache Decke unterstreicht die Nüchternheit des Raumes, der jedoch seine prägende Gestalt erst durch die deckend gestrichenen Holzeinbauten erhält.

Das in jüngerer Zeit aufgedeckte Datum "1856" im Bereich der Kanzelbrüstung hat die Frage nach dem Alter der Holzeinbauten aufgeworfen.
Das Westfälische Amt für Denkmalpflege hat hierzu festgestellt, dass aus seiner Sicht die Holzeinbauten in der evangelischen Kirche als Spätbarock einzustufen sind und dass dieses Datum auf eine Renovierung oder Ähnliches hinweist, zumal die Orgel im Jahre 1858 erneuert worden ist.

Zunächst wurde die im Jahre 1680 angeschaffte Orgel in dem 1782 fertig gestellten neuen Kirchenraum wieder aufgestellt. Die Orgel wurde dann 1858 durch eine neue ersetzt. Die zur Zeit in der Kirche stehende voll pneumatische Röver-Orgel wurde im Jahre 1899 aufgestellt. Der originale Blasebalg existiert noch und ist voll funktionsfähig. Die ursprünglich romanisch gestimmte Orgel wurde im Jahre 1958 im klassischen Sinne umgearbeitet.
Im Jahre 1999 wurde die mittlerweile 100 Jahre alte Röver-Orgel so überarbeitet, dass sie wieder ihrer ursprünglichen Konzeption entspricht. Die Orgel ist nun ein besonderes Kleinod unter den Orgeln Westfalens, zumal auch der Prospekt original ist und im ersten Weltkrieg nicht eingeschmolzen wurde.


Die Katholische Kirche

Die im Jahre 1788 westlich an den Turm angebaute Kirche hat einen klaren Rechteckgrundriss von ungefähr 18,20 m Länge und 9,20 m Breite. Sie wurde im Jahre 1938 um eine vierte Fensterachse verlängert. Auf der ansonsten fensterlosen Westseite befindet sich ein kleiner Windfangvorbau, durch den man in den Kirchenraum eintritt.

Das Innere der Kirche stellt sich als einfacher, ungegliederter Raum dar und erfuhr im Jahre 1998 eine gründliche Renovierung. Der Altarbereich ist um zwei Stufen gegenüber dem übrigen Kirchenschiff angehoben und hat eine Ausstattung entsprechend der Liturgiereform des II. Vatikanums. Beherrscht wird der würdevolle Raum von dem vor der Rückwand freistehenden Kruzifix hinter dem Altar.

Die Seitenwände werden von mehreren, teilweise auch aus der Vorgängerkirche kommenden, Plastiken geschmückt. Die früheren Plastiken und die moderneren Gestaltungen in Bronze stellen mit dem freistehenden Kruzifix und dem Tabernakel eine kostbare Bereicherung des schlichten Gotteshauses dar.

Der Taufbrunnen bezieht sich auf das letzte Buch der Bibel und zeigt am Wasser einen der Bäume des Lebens. "Zwölfmal tragen sie Früchte ... und die Blätter ... dienen zur Heilung der Völker ..." (Apk 22,2f).


Der Kirchturm

Der Kirchturm steht auf romanischen Fundamenten. Ob auch romanische Substanz im aufgehenden Mauerwerk vorhanden ist, wurde noch nicht abschließend untersucht.

Erwähnenswert ist im Turm die gusseiserne Gedenktafel von 1765 mit lateinischem Text, die ein Zeugnis der damaligen Eisengießerkunst des Siegerlandes darstellt sowie das über der Kirchentür an der Außenwand befindliche Sandsteinrelief von Wolfgang Kreutter aus dem Jahre 1953 mit der Szene der Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer.

Das Glockengeschoss bildet ein Quadrat von ca. 4,7 m Seitenlänge bei einer Mauerstärke von immer noch 1,15 m. Der Turm verfügt auf jeder Seite über gewölbte Schallöffnungen mit einer Höhe von 1,80 m sowie einer Breite von 0,70 m mit Rundbogenabschluss.


Die Glockenanlage

Das Läutewerk wird simultan genutzt und enthält drei Glocken. Die älteste aus dem Jahre 1512 stammende Glocke ist die Marienglocke. Sie hat ein Gewicht von ca. 300 kg. Die zweite Glocke ist dem heiligen Martin geweiht und stammt aus dem Jahre 1924. Diese Glocke hat ein Gewicht von ca. 500 kg. Die schwerste der drei Glocken mit einem Gewicht von 723 kg stammt aus dem Jahre 1959. Diese Glocke trägt keinen eigenen Namen, ist aber mit einem Vers des Obersdorfer Dichters Wilhelm Schmidt verziert.


Allgemeines

In der Pfarrkirche Rödgen verkörpert sich somit ein wichtiger Abschnitt Siegerländer Geschichte.
Der Konflikt mit dem katholischen Verständnis wurde durch den Bau eines eigenen Gotteshauses gelöst. Diese Art der Lösung zeugt von der Vernunft und Kompromissbereitschaft der Menschen damals und wird auch heute noch als Beispiel für ein sinnvolles Miteinander der Konfessionen gesehen.