Lokale AGENDA
Einführung
22 % der Weltbevölkerung leben in den Industrienationen, den "reichen" Ländern der Erde. Zu diesen gehört auch Deutschland. In diesen Ländern verfügen die Arbeitnehmer über 83 % des weltweiten Einkommens und damit im Vergleich zu den Entwicklungsländern über einen sehr guten Lebensstandard. Das Wirtschaften in den Industrienationen hat jedoch auch seinen Preis: 72 % des weltweiten Energieverbrauchs gehen zu ihren Lasten. Damit verbunden werden dort 70 % der weltweiten CO2-Emissionen erzeugt. Auch Rohstoffe werden vorrangig in diesen Ländern verbraucht.
Die Länder in benachteiligten Regionen dieser Erde sind bestrebt, dieses Ungleichgewicht zu verringern, um somit die Lebenssituation ihrer Staatsbürger - immerhin 78 % der Weltbevölkerung - zu verbessern. Als Maßstab gelten dabei die Industrienationen. Dies wird auf lange Sicht dazu führen, dass der Energie- und Rohstoffverbrauch, aber auch die Umweltbelastungen, drastisch zunehmen werden. Der Zustand der Öko-Systeme ist jedoch bereits heute bedenklich, wie die Zunahme von Naturkatastrophen auch in Gebieten, in denen derartige Phänomene bislang unbekannt waren, deutlich macht. Dem Bestreben, dass alle Menschen auf der Erde eines Tages in dem Wohlstand leben, der mit dem unseren vergleichbar ist, stehen die Grenzen der Belastbarkeit der globalen Öko-Systeme entgegen. Angesichts einer zudem rasch wachsenden Weltbevölkerung müssen schnellstmöglich Wege gefunden werden, um diese Grundproblematik zu lösen.
Was ist die AGENDA 21?
Im Jahre 1992 haben 170 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro ein Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert - die AGENDA 21 - verabschiedet. Dieses Aktionsprogramm soll weltweit eine zukunftsfähige Entwicklung gewährleisten.
Entwicklungen sind dann zukunftsfähig, wenn sie im Hinblick auf die kommenden Generationen ökologisch tragfähig, ökonomisch ausgewogen und sozial gerecht sind.
Die Agenda 21 gilt für alle Länder der Erde und enthält wichtige Festlegungen zur Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik.
Lokale AGENDA
Auch der kommunalen Ebene wird in der AGENDA 21 (Kapitel 28) besondere Bedeutung beigemessen.
Eine zukunftsfähige Entwicklung ist auf kommunaler Ebene an sich nichts Neues. Jeder Verantwortliche in einer Kommune ist bestrebt, mit seinen Entscheidungen ein dauerhaftes Gemeinwesen zu schaffen, in dem u. a. Menschen Arbeit und eine angenehme Wohnsituation haben, in Alter und Krankheit abgesichert sind, am öffentlichen Leben teilnehmen können sowie eine möglichst gesunde Umwelt vorfinden. Jedoch stellt die technologische und wirtschaftliche Entwicklung Politik und Gesellschaft, und damit auch jede einzelne Bürgerin bzw. jeden einzelnen Bürger, vor neue Möglichkeiten, aber im Hinblick auf die Entwicklungsländer auch vor immer größere Verantwortung.
Die Gemeinde Wilnsdorf hat am 27. Oktober 2000 zunächst eine Informationsveranstaltung zur Thematik AGENDA 21 / Lokale AGENDA durchgeführt. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden bereits viele Anregungen gegeben, wie die Lebensbedingungen in der Gemeinde auf gutem Niveau gehalten bzw. weiter verbessert werden könnten und wie man auch hier an der Lösung globaler Probleme mitwirken kann.
Darüber hinaus sind alle Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftlichen Gruppen/Institutionen und die gewerbliche Wirtschaft weiterhin aufgerufen, mit ihrem Handeln einen Beitrag dazu zu leisten, eine insbesondere mit Blick auf künftige Generationen nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung in der Gemeinde Wilnsdorf und auch auf globaler Ebene zu erreichen und zu gewährleisten.
Was bereits an Maßnahmen im Sinne einer Lokalen AGENDA in der Gemeinde Wilnsdorf realisiert wurde, hat die Gemeindeverwaltung - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - in der nachfolgenden Liste zusammengestellt:
Maßnahmen lokale Agenda
Die Gemeindepolitik in Wilnsdorf war und ist darauf ausgerichtet, ein dauerhaft beständiges Gemeinwesen zu schaffen, in dem die Menschen, die in Wilnsdorf leben und arbeiten, ein gutes Umfeld haben, in Alter und Krankheit abgesichert sind, am öffentlichen Leben teilhaben können sowie eine möglichst gesunde Umwelt vorfinden. Auf vielen Ebenen sind daher Maßnahmen im Sinne der Agenda 21, auch unter Mitwirkung anderer Akteure, durchgeführt worden.
In der nachfolgenden Auflistung sind dazu entsprechende Beispiele - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - zusammengestellt worden.
Abwasserbeseitigung
- Bau/Sanierung und Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen (Kläranlagen und Regenüberlaufbecken) nach neuesten abwassertechnischen Standards
- Ausbau des Abwasserkanalnetzes mit 100 % Anschlussquote im Jahr 2000
- Aufbau eines Kanalinformationssystemes
- Kontinuierliche Selbstüberwachung des Abwassernetzes auf Beschädigungen
- Zeitnahe Kanalsanierungsmaßnahmen
- Klärschlammverwertung
- Ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung durch Versickerung auf Privatgrundstücken, in zentralen Versickerungsanlagen und über Regenrückhaltebecken
- Mitwirkung bei der Förderung von Entsiegelungsmaßnahmen an privaten Hausgrundstücken
- Kontrolle der Einleitungen gefährlicher/schädlicher Stoffe in die Kanalisation (Indirekteinleiterkontrolle)
Abfallentsorgung
- Stilllegung und Rekultivierung von Altdeponien
- Aufbau und Betrieb eines leistungsfähigen, bürgerfreundlichen und kostengünstigen Abfall-, Wertstoff- und Schadstoffsammelsystems
- Förderung der Eigenkompostierung durch Gebührenermäßigung bei nachgewiesener Selbstverwertung organischen Abfalls
- Intensive Abfallberatung und Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Abfall-ABC, detaillierte Abfuhrpläne, Bürgerbriefe)
- Unterstützung örtlicher Vereine / sonstiger privater Initiativen bei Aktionen "Saubere Landschaft"
- Korkensammlung zur Wiederverwertung als ökologischer Baustoff
- Abfalltrennung in öffentlichen Einrichtungen (Rathaus, Schulen, Bürgerhäuser u. a.)
- Verbot der Verwendung von Einweggeschirr und Gebot der Abfalltrennung in gemeindlichen Räumlichkeiten über Nutzungsverträge/-gestattungen
- Weiterentwicklung des gemeindlichen Abfallsystems (z. B. Pilotprojekt Grünschnittabfuhr)
Wasserversorgung
- Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung auf hohem Niveau
- - Hohe Trinkwasserqualität - "Lebensmittel Nr. 1"
- - Gute Wasserquantität - auch in trockenen Jahreszeiten - durch Talsperren (Wasserverband) und Verbundnetze in allen Ortsteilen (Gemeinde)
- Genehmigung und Mitwirkung bei der Förderung privater Regenwassernutzungsanlagen
Energie
- Aufbau eines Gebäudemanagementsystems (Energieverbrauchskontrolle) für öffentliche Gebäude als Grundlage für Maßnahmen zur Energie- und Kosteneinsparung
- Austausch kompletter Beleuchtungsanlagen in verschiedenen gemeindlichen Gebäuden mit Einbau elektronischer Vorschaltgeräte zur Reduzierung des Stromverbrauchs und der Stromkosten sowie zur Verbesserung der Ausleuchtung;
- Verwendung von Energiesparleuchten in neueren Gebäuden bzw. kontinuierlicher Austausch von defekten "alten" Lampen gegen Energiesparlampen
- Einsatz von sogenannten "Behördenmodellen" als Heizkörperventile in öffentlichen Gebäuden zur Reduzierung des Wärmeverbrauchs
- Modernisierung kommunaler Heizungsanlagen (z. B. Umstellung von Elektro-Nachtspeicheröfen auf Erdgas) zur Verbrauchsreduzierung
- Einrichtung einer Anlage zur Kompensation des Blindstromes im Rathaus
- Gutachterliche Untersuchung über Möglichkeiten zur Energieeinsparung in größeren gemeindlichen Gebäudekomplexen (z. B. Schulzentrum Wilnsdorf)
- Verkürzung der Brenndauer der Straßenlampen durch Änderung der nächtlichen Schaltzeit
- Einsatz von energiesparenden Natriumdampflampen bei der Straßenbeleuchtung (Geschäftszentrum "Großwiese")
- Nutzung von Klärgas zur Wärmeerzeugung am Klärwerk Niederdielfen
- Studie über die Einsatzmöglichkeiten eines Blockheizkraftwerkes am Klärwerk Niederdielfen
- Untersuchungen über Nutzungsmöglichkeiten von Windenergie im Gemeindegebiet
- Vorträge für interessierte Bürgerinnen/Bürger zu den Themen "Nutzung der Solarenergie zur Brauchwasserwärmung" und "Energieeinsparung rund ums Haus"
- Aufbau eines umfassenden Gasversorgungsnetzes in der Gemeinde zur Reduzierung des CO2- Verbrauches durch andere fossile Energieträger in Zusammenarbeit mit der WFG
Gemeindeentwicklung / Bauen / Wohnen / Verkehr
- Langfristige Flächennutzungsplanung
- In örtlichen Bauvorschriften für Baugebiete werden bei der Dacheindeckung auch Gründächer sowie Sonnenkollektoren zugelassen
- Bedarfsorientierte Ausweisung von Wohn- und Gewerbeflächen
- Mitwirkung an der Erstellung einer Gewerbeflächenbilanz auf Kreisebene
- Aufbau und Unterhaltung einer leistungsfähigen kommunalen Infrastruktur (z. B. Schulen, Kindergärten, Spiel- und Sportplätze, Arbeits- und Ausbildungsplätze, Katastrophenschutz / Feuerwehr)
- Erstellung von Dorfentwicklungsplänen/Dorferneuerungskonzepten insbesondere unter Berücksichtigung städtebaulicher und ökologischer Belange
- Materialauswahl nach Klimaschutzkriterien bei gemeindlichen Baumaßnahmen:
- Verzicht auf Verwendung von Tropenholz,
- Verzicht auf PVC-haltige Materialien bei Fußbodenbelagsarbeiten
- Verwendung von Recyclingmaterial im Baubereich (z. B. beim Straßenunterbau)
- Verwendung von Holzgeräten bei Kinderspielplätzen
- Erstellung eines Verkehrsentwicklungsplanes
- Verkehrslenkung
- Erarbeitung eines Verkehrs- und Parkleitsystems -
- Verkehrsberuhigung
- Einrichtung von Tempo-30-Zonen in den Gemeindestraßen
- Einrichtung eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereiches in Wilnsdorf
- Verbesserung des Wohnumfeldes durch bauliche Begleitmaßnahmen
- Verkehrsberuhigte Gestaltung von Ortseingängen
- Lärmschutzmaßnahmen an Straßen
- Geschwindigkeitsmessungen
- Verkehrssicherheit
- Schulwegsicherungsmaßmahmen
- Fußgängersicherung (z. B. Bau von Gehwegen an überörtlichen Straßen)
- Einrichtung eines ersten "kleinen Kreisverkehrsplatzes"
- Öffentlicher Personennahverkehr
- Bau von Buswartehäuschen
- Rückbau von Busbuchten (ÖPNV-Beschleunigung) - Intensive Mitarbeit bei der Aufstellung von Nahverkehrsplänen durch die Aufgabenträger
- Auf- und Ausbau eines Radwegenetzes
- Erstellung einer Wanderwegekarte für die Gemeinde Wilnsdorf
Natur- und Umweltschutz
- Mitwirkung bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten europäischer Bedeutung, weiteren Natur- und Landschaftsschutzgebieten sowie einer Vielzahl von Naturdenkmalen und geschützten Landschaftsbestandteilen im Innen- und Außenbereich der Gemeinde Wilnsdorf
- Begrünungen/Anpflanzungen im Straßenraum (z. B. "Lindenallee" in Rudersdorf), und auf weiteren öffentlichen Flächen (Kinderspielplätze, Parkflächen, Friedhöfe)
- Extensive Bewirtschaftung gemeindlicher Flächen im Außenbereich
- Naturnahe Gestaltung von Weihern und Ufern (z. B. Anzhäuser Weiher)
- Ökologische Verbesserungen an Fließgewässern
- Zusammenarbeit mit Privaten bei der Pflege öffentlicher Grünflächen
- Naturschutz- und Landschaftspflegemaßnahmen im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren
- Ökologischer Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft bei Baumaßnahmen z. B. durch Anpflanzungen
- Ehrenamtliche Beraterkommission für Naturschutz- und Landschaftspflegeangelegenheiten (Fachkommission für Landschaftspflege) insbesondere zur Überprüfung gemeindlicher Planungen auf Umwelt-/Naturverträglichkeit
- Beschäftigung eines hauptamtlichen Mitarbeiters für Umweltschutzangelegenheiten in der Verwaltung
- Berücksichtigung umweltfreundlicher Produkte im kommunalen Beschaffungswesen
Soziales, Jugend
- Gewährung von Sozialleistungen auf vielen Ebenen
- Aussiedler- und Asylbewerberbetreuung, Einrichtung eines Beratungs- und Betreuungsbüros für ausländische Flüchtlinge und Aussiedler in der Gemeinde Wilnsdorf
- Gründung eines Vereins zur Betreuung kranker und behinderter Menschen (Pflegekreis Wilnsdorf e. V.)
- Einrichtung eines kommunalen Hilfsfonds für Mütter und Schwangere zum Schutz des ungeborenen Lebens
- Gemeindliche Jugendpflege
- Verwirklichung der Gleichstellung von Mann und Frau im Sinne des neuen Landesgleichstellungsgesetzes
- Bereitstellung von Ausbildungsplätzen in der Verwaltung
- Berücksichtigung von Arbeitsbeschaffungs- und Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen gemeindlicher Projekte
- Überproportionale Beschäftigung von Schwerbehinderten in der Verwaltung
Öffentlichkeitsarbeit, Bürgerbeteiligungen u. a.
- Bürgerorientierte Gestaltung der Verwaltung
- Bürgerbüro
- Bürgerbeteiligungen auf vielen Ebenen, z. B.
- in der kommunalen Bauleitplanung
- bei gemeindlichen Baumaßnahmen
- in der Abfallwirtschaft (z. B. über Umfragen)
- Zusammenarbeit mit dem Gemeindesportverband
- Durchführung von Umwelttagen, Veranstaltungen zu Umweltthemen mit breiter Beteiligung interessierter Gruppen
- Teilnahme am kommunalen Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden"
- Regelmäßige Durchführung eines Marktfestes (u. a. mit Verkauf ökologisch hergestellter Produkte aus der Gemeinde)
- Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und örtlichen Vereinen bei der Planung und Realisierung von Baumaßnahmen (z. B. Errichtung Bürgerhaus Wilgersdorf, Bau von Sportgebäuden)
- Finanzielle Förderung bürgerschaftlicher Initiativen (z. B. Maßnahmen der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit, gemeinnützige Zwecke allgemein)
- Informationsmaterialien "Naturnahe Gartengestaltung", "Gartenfibel" und "Kompostfibel" für alle Haushalte